Nachdem ich jetzt 3655km mit dem Carpuride zur Albtraum-Tour und die anschließende Woche durch die Alpen gefahren bin, gebe ich auch mal meinen Senf zum Thema.
Hardware:
- Carpuride W502
- Samsung A51 mit Android Auto (Bluetooth, WLAN)
- 20Ah Powerbank
- Headset Midland BTNext Pro (Bluetooth)
- Kurviger Navigations-App Pro-Abo
tl;dr:
Wir werden keine Freunde. Die Einschränkungen durch Android Auto sind für mich zu gravierend, als daß ich mich daran gewöhnen will:
- keine 'echte' Bedienung der Navigation vom Carpuride aus, für jeden Pups muß man das Handy aus der Tasche holen (= anhalten, Handy raus, Handschuhe aus...)
- man braucht für eine Tagestour zwingend einen Akku, das Handy alleine hält 'nur' 3-4 Stunden durch.
- Eigenheiten von Android Auto beim Einschalten des Gerätes:
Lautstärke wird verstellt, es wird immer die Musik abgespielt, auch wenn ich sie vorher ausgeschaltet hatte, lange Wartezeit bis 'bereit' im Vergleich zum 'echten' Navi - ohne Datenverbindung vom Handy geht gar nichts (Schweiz, Pampa). Man kann zwar vorab Offline-Karten speichern, aber die Route nicht offline wechseln (zB wetterbedingte Alternativroute) oder neu berechnen (zB Umleitungen). Das hat zwar primär nichts mit dem Carpuride zu tun, sondern mit der Kurviger-App, ich vermute aber mal, daß das bei anderen Apps auch so ist.
Im Detail:
Vorab nochmal der Hinweis, daß das Carpuride kein eigenständiges Navigations-Gerät ist. Es braucht zwingend ein weiteres Gerät (meist wohl das Handy), mit dem es via Apple Car Play oder Android Auto verbunden wird. Die eigentliche Navigation übernimmt dann eine App auf dem Handy (Google Maps, Kurviger, Calimoto), für die uU ein kostenpflichtiges Abo notwendig ist. Die Darstellung auf dem Carpuride wird durch Car Play oder Android Auto bestimmt, es ist *keine* 1:1 Spiegelung des Handy-Bildschirms. Die Darstellung der App auf dem Carpuride ist zumindest bei Kurviger *deutlich* anders (schlechter) als auf dem Handy-Bildschirm selbst.
Ich habe das Carpuride links am Kupplungsbehälter via RAM-Mount-Gewinde montiert, dort ist es gut mit der linken Hand erreichbar. Stromversorgung über geschaltetes Plus (Zündung), da ich keine dauerhaften 12V nach außen legen wollte.
Verbunden habe ich das Carpuride via Android Auto mit dem Handy (ich glaube, das läuft dann über WLAN), und das Headset über Bluetooth direkt mit dem Handy. Diese Betriebsart wird von Carpuride ausdrücklich vorgeschlagen, um eine bessere Musikqualität zu erhalten. Man könnte auch das Headset über Bluetooth mit dem Carpuride koppeln, dann geht die Musik vom Handy durch das Carpuride zum Headset, das soll aber schlechtere Qualität geben, deswegen habe ich das gar nicht erst probiert.
Das Handy wird vor der Fahrt voll aufgeladen, und direkt mit der Powerbank verbunden. Dadurch bleibt das Handy quasi voll, und steht auch nach Ende der Fahrt noch zur Verfügung. Die Wärmeentwicklung hielt sich in Grenzen, es gab auch bei 30° Außentemperatur keine Probleme mit Überhitzung. Man muß Abends dran denken, die Powerbank wieder aufzuladen für den nächsten Tag.
Gut:
Das Gerät an sich ist robust gemacht, es ist auch bei strahlender Sonne gut ablesbar, der Touchscreen reagiert gut (selbst mit Schutzfolie und Handschuhen), und auch mit polarisierender Sonnebrille in Kombination mit Pinlock-Visier gibt's keine komischen Blickwinkel-Abhängigkeits-Effekte. Nässe macht dem Gerät nichts aus, es kommt auch bei strömendem Regen zu keinen Aussetzern oder selbständigen Bedienungen.
Die Verbindung zum Handy funktioniert gut: wenn das Gerät eingeschaltet wird, wird die Verbindung innerhalb 45 Sekunden wieder hergestellt und die Navigation meistens fortgesetzt (manchmal muß man noch auf 'Navigation' auf dem Bildschirm drücken).
Schlecht:
Jetzt die Nachteile, weswegen das ganze für mich nicht dauerhaft in Betracht kommt. Das meiste davon hat nichts direkt mit dem Gerät zu tun, sondern mit Android-Auto und/oder Kurviger. Da aber das Gerät zwingend Android-Auto und eine Navi-App braucht, gilt es eben auch für das Gerät.
- (Carpuride) kein Stütz-Akku. An jeder Baustellenampel startet das Ding neu, wenn man umweltbewußt die Zündung ausmacht. Ebenso beim anhalten, um sich auf der Route neu zu orientieren: entweder läßt man den Motor laufen, oder man wartet 45 Sekunden. Killschalter geht natürlich auch, dann bleibt aber neben dem Carpuride auch das Licht und die Heizgriffe an, da weiß ich nicht, wie lange die Batterie das mitmacht.
An die Wartezeit beim einschalten könnte man sich uU noch gewöhnen, wenn nicht die Sache mit der Bluetooth-Lautstärke wäre (s.u.) - (Carpuride) zum Abnehmen des Gerätes muß der RAM-Mount aufgeschraubt und die wasserdichte Schraubverbindung des Stromkabels gelöst werden - machbar, aber umständlich im Vergleich zum klick-off zB beim Garmin Zumo. Man findet hier Zubehör-Lösungen, die aber entweder aktuell nicht verfügbar sind, und/oder €€€ kosten.
- (Carpuride, Android Auto) man kann am Carpuride so gut wie nichts Navigations-relevantes bedienen. Zoom in/Zoom out/zentrieren geht über (kleine) Schaltflächen, Wegpunkt überspringen über eine noch kleinere Schaltfläche, das war's. Die Bedienung während der Fahrt ist problematisch, weil die Schaltflächen sehr klein sind und man mit den Handschuhen gut zielen muß, das lenkt von der Straße ab. Alles andere (Routenwechsel, Anzeige der Wegpunkte, suchen nach Tankstellen, beenden der Navigation, etc) geht nur am Handy selbst, was insbesondere bei Regen zu Streß führt.
- (Carpuride, Android Auto) die Anzeige der Strecke zum nächsten Abbiegepunkt ist noch lesbar, die Reststrecke und Restzeit/Ankunftszeit sind dagegen so klein dargestellt, daß ich Schwierigkeiten habe, das mit der Fahrbrille zu lesen. Auch die aktuelle Geschwindigkeit und Vmax (Anzeige optional einstellbar) sind sehr klein dargestellt. Symbole und Schrift auf der Karte (Tankstelle, Gaststätte, Straßennummern, Städtenamen) sind unlesbar klein. Ich habe nichts gefunden, wie ich die Größe der Darstellung beeinflussen kann.
- (Android Auto, Kurviger) es wird beim neu-anschalten in 50% der Fälle die Bluetooth-Lautstärke soweit verringert, daß man nichts mehr von den Ansagen versteht. Man muß also warten, bis das Gerät sich mit dem Handy verbunden hat (45 Sekunden, s.o.), und dann checken, ob die Lautstärke verstellt wurde. Ich habe nichts gefunden, um das zu beeinflussen. Macht besonders bei Regen 'Spaß', wenn man alles eingepackt hat, losfahren will, und dann feststellt, daß es wieder leise gemacht hat.
- (Android Auto, Kurviger) ich weiß nicht, ob das Android-Auto oder Kurviger macht: mit den Ansagen wird in 75% der Fälle die Musik wieder angemacht, auch wenn ich sie vorher ausgemacht hatte, weil ich mal Konzentration brauche -> das geht gar nicht (ich habe in Android Auto "Medienwiedergabe beim losfahren" *aus*geschaltet).
- (Kurviger) die Routenzeitberechnung ist insbesondere auf kleinen Bergstraßen völlig daneben. Ein 60er-Schnitt auf einspurigen gewundenen Paßsträßchen mit blinden Kurven ist für mich als 'touristischer' Fahrer nicht machbar. Garmin und Google zB setzen hier wesentlich realistischere Zeiten an, die eher in Richtung 30er-Schnitt gehen. Wenn man von solchen Abschnitten nennenswert viele in der Tagestour hat, kommt man schnell mal 2-3 Stunden später an als geplant. Und ich kaufe mir das Navi ja, damit ich mir darüber keine Gedanken machen muß (was zB beim Garmin immer ziemlich gut funktioniert hat).
Ich versuche es jetzt wieder mit dem Zumo, nachdem ich herausgefunden habe, wie ich die Routenfarbe ändern kann, und der Einschalt-Knopf repariert ist (bekannte Schwachstelle der 390/590er). Die Qualität der Sprachansagen ist beim Zumo grottig, aber immerhin kann ich die Lautstärke von Musik und Ansagen unabhängig voneinander einstellen, und hoffentlich bleiben die dann auch so...
DlzG
Ralf